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Was passiert wirklich mit unseren Altkleidern? Laut der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen gibt jeder Bundesbürger pro Jahr durchschnittlich 16 Kleiderstücke in die Altkleidersammlung. Und was passiert danach? Würde man beliebig Passanten in einer deutschen Fußgängerzone danach fragen, würde die Antwort vermutlich lauten, dass die Kleidung wohl Bedürftigen zugutekäme. Doch ist das wirklich wahr? Ein Teil der Kleidung wird gleich entsorgt, weil die Kleidung zu sehr verbraucht ist. Von den übrig gebliebenen Kleidern landen nur in etwa 10% der Altkleider bei Bedürftigen oder werden als 2nd Hand Ware verkauft. Ein weiterer Teil von 50% der Kleidung wird zu Putzlappen oder Dämmstoffen recycelt. Rund 40% der Kleidung wird in andere Länder in Osteuropa oder Afrika exportiert. Besonders diese Exporte haben teils fatale Auswirkungen auf die Umwelt und die dort ansässige Industrie.

„Oburoni Wawu“

In Ghana wurden die ersten, dort angekommenen Altkleider als „Oburoni Wawu“ bezeichnet. Dies bedeutet so viel wie die „Kleider der toten Weißen“. Es war unvorstellbar, dass so gute Kleidung von lebenden Menschen einfach weggeworfen wird. Seitdem ist die Menge an Altkleidern sehr steil nach oben gegangen, die Bezeichnung ist jedoch erhalten geblieben, auch wenn die Altkleider in Ghana und vielen anderen Ländern des Kontinents längst von kommerziellen Händlern vertrieben werden und auch kein Geheimnis mehr um deren Herkunft besteht.

Die Legende vom karitativen Nutzen der Altkleidersammlungen

Fast ungebrochen ist hingegen noch immer die Legende vom karitativen Nutzen der Altkleidersammlungen. Nicht nur in Deutschland versichern die Sammelaufrufe den unter der Last der Altkleider stöhnenden Konsumenten immer wieder, diese kämen den „Bedürftigen in den Ländern der Dritten Welt“ zugute. Doch es gibt berechtigten Anlass, an dieser Sicht der Dinge zu zweifeln.
Auf dem Weg der Altkleider von der Haussammlung in Europa bis zu den Märkten in Afrika entpuppt sich das Geschäft weniger als ein Akt der Nächstenliebe, denn vielmehr als ein gewöhnlicher Zweig der Exportindustrie.

 

Die Entwicklungsländer als Müllhalden des Westens?

Die Entwicklungsländer werden mit unseren „Mitumbas“, also Kleiderbündeln überschüttet. Regelrechte Umweltkatastrophen werden verursacht. Die Subunternehmer an den Häfen sind gar nicht mehr bereit so viel Schund zu nehmen und die Kleidung wird ins Meer gekippt. Insgesamt 35 Prozent des Mikroplastiks in den Weltmeeren stammt von synthetischen Textilfasern, wie eine Studie der International Union of Conservation of Nature (IUCN) zeigt. Fasern aus synthetischer Kleidung sind damit die Hauptquelle des Mikroplastiks im Meer. Dort werden die langlebigen Kunststoffpartikel nicht nur von Meeresorganismen aufgenommen. Sie fungieren auch als Träger von Giftstoffen und Bakterien, die sich auf diese Weise verbreiten können. Im Meer braucht das Mikroplastik in etwa 60-80 Jahre, bis es abgebaut wird. Gleichzeitig wird die lokale Textilindustrie zerstört.

 

Die Wegwerfmode belastet die Umwelt

Der Trend zur billigen Wegwerfmode bereitet auch der Branche in Deutschland Sorgen. Synthetik-Fasern und Materialmixe sind laut BSVE inzwischen dominierende Bestandteile der Modeindustrie. Diese Stoffe ließen sich nur schwer wiederverwerten.

Vor ein paar Jahren versuchte sich eine Gruppe ostafrikanischer Empfängerländer – Kenia, Ruanda, Uganda und Tansania – mit einem Importstopp gegen die Einfuhr von Altkleidern zu wehren. Die USA drohten daraufhin, die Länder aus dem Agoa-Handelsabkommen hinauszuwerfen, das vielen afrikanischen Staaten zollfreien Zugang zum US-Markt gewährt. Nur Ruanda behauptete sich. Alle anderen machten einen Rückzieher.

 

Was kannst du gegen Fast Fashion und die Altkleiderflut tun kannst?

Neben gekauften Kleidung länger tragen, besteht eine Möglichkeit im Upcycling alter Klamotten. Das Wort Upcycling bildet sich aus den englischen Wörtern „up“ = nach oben und recycling = Wiederverwertung. Dabei werden Dinge, die kurz vor dem Wegwerfen stehen, in neuwertige Produkte umgewandelt. Im Gegensatz zum Downcycling kommt es bei dieser Form des Recyclings zu einer stofflichen Aufwertung. Beispiele sind alte Gummistiefel, die als Blumentöpfe umfunktioniert werden oder Mützen, die aus alten T-Shirts gehäkelt werden können. Letztere Idee hat sich das Startup Cherry-tee.com gewidmet. Dieses vertreibt Upcycling-Häkel-Kits, die aus ihren alten Klamotten Mützen und Taschen häkeln möchten. Den Profit aus dem Projekt spenden wir an gemeinnützige Vereine wie „Bienenfreunde Oberland e.V.“ und „Helfende Hände“.